Alle Kostüme in den „Fantasy-Fundus“ und das Ende der Un/Geduld
Die vierte Ausgabe des Symposiums „Performances von [Weiblichkeit] in den darstellenden Künsten“ zeigte die Vielfalt aktueller feministischer Analysen und Kämpfe im professionellen Theaterfeld (und im Bereich des Films), die längst nicht mehr nur nach Frauenquoten fragen.
Berlin, März 2022
Das vorletzte Symposium 2020 hatte – kurz vor dem Ankommen der Pandemie in Europa – unter so ganz anderen Umständen als das diesjährige stattgefunden. Seitdem waren feministische Kämpfe und Anliegen angesichts des global sehr verschieden geführten Kampfes gegen ein hochaggressives Virus deutlich weniger sichtbar – und obwohl Kapitalismus, Nationalismus, Rassismus, toxische Männlichkeiten und Misogynie zwar als alte, schlechte „Normalität“ immer wieder in Frage gestellt wurden, erwiesen sie sich als durchaus resistent. Und gefährlich. Während es uns im Rahmen des vierten, kurz vor dem Höhepunkt der Omikron-Welle (O. war eine hochansteckende Variante des Covid-19-Virus’) durchgeführten Symposiums noch zu früh für eine postpandemische Betrachtung der Lage weiblicher und queerer Theaterschaffender erschienen war, ist inzwischen die nächste Katastrophe in den globalen Fokus gerückt: der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Angesichts der direkten Bedrohung und Vernichtung von Menschenleben treten Fragen nach Kunst und Theater erneut in den Hintergrund. Und wieder zeigt sich, wie stark die alte binäre Geschlechterordnung nach wie vor besteht: alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren sollen ihr „Vaterland“ Ukraine militärisch verteidigen, Frauen, Kinder und Alte dürfen zu fliehen versuchen… alle verlieren.
Die folgende Rückschau auf das Symposium am 22. und 23. Januar 2022 konzentriert sich nun aber auf die hier Ende Januar besprochenen emanzipatorischen Fortschritte, die (lokale) Theatermacherinnen und Theatermacher*innen trotz allem in den letzten Jahren gemacht haben. (Wir richten den Fokus dabei explizit auf weiblich gelesene Personen, meinen aber nicht nur Cis-Frauen – und manchmal auch Cis-Männer.) Diese Rückschau ist aus Perspektive einer Vertreterin des Organisationsteams geschrieben und möchte einige der Anregungen und Fragen festhalten, die wir mit unseren Gästen gemeinsam verhandelt haben, ist also als eine Art kommentiertes Protokoll zu verstehen und kann in voller Länge oder in einzelnen Abschnitten (die jeweilige Überschrift benennt den betreffenden Programmteil) gelesen werden.

Zunächst: Mit welchen Fragen beschäftigte sich die vierte Ausgabe des seit Januar 2016 alle zwei Jahre in der UdK Berlin stattfindenden Symposiums? In Kurzvorträgen, Gesprächen und Präsentationen wurden am Samstag künstlerische und aktivistische Positionen vorgestellt, die zeigten, wie vielfältig (queer)feministische bzw. von Frauen* erprobte und geforderte Arbeitsweisen, Ausdrucksformen, Anliegen und Ideen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur notwendigen Veränderungen der institutionellen, oft sexistischen und normierenden Mechanismen (etwa bei Besetzungsfragen) im Bereich der darstellenden Künste, aber auch des Films bereits sind. Allein diese Aufzählung zeigt, dass es längst nicht mehr nur darum geht, als weiblich gelesener Mensch im Theaterfeld – um das es im Folgenden hauptsächlich gehen wird – überhaupt vorzukommen, sondern darum, das Arbeitsfeld so zu verändern, dass es für alle funktionieren kann. Am Sonntag wurden drei kostenlose Workshops angeboten, die vor allem weiblichen Theaterschaffenden in verschiedenen Feldern solidarische Lern- und Selbstermächtigungserfahrungen boten.
Das von der Universität der Künste (UdK) Berlin und der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ (HfS) Berlin organisierte und finanzierte Symposium richtete sich dabei wie immer auch an Studierende (etwa aus den Studiengängen Schauspiel, Regie, Dramaturgie, Bühnenbild, Kostümbild, Szenisches Schreiben, Theaterpädagogik, Choreographie, Gesang/ Musiktheater, Musical/ Show…) und junge Theaterschaffende, die als (selbst)bewusste Protagonist*innen der kommenden Theaterlandschaft ausgebildet und ermutigt werden sollen. Gleichzeitig waren auch erfahrenere Kolleg*innen und Lehrende eingeladen, ihre Perspektiven einzubringen und gemeinsam zu lernen – denn Feminismus als Idee und Praxis verleiht niemanden einen unantastbaren Expert*innenstatus und ist unserer Auffassung nach immer als offene Einladung an alle – gleich welchen Geschlechts und Alters, gleich welcher Herkunft oder Bildungsbiographie – zu verstehen.
„LSBT… Wie nochmal??! Ein feministisches Quiz zu Begriffen, Theorien und Grundlegendem“
Wir wollten entsprechend mit dem gemeinsamen Kennenlernen von Begriffen beginnen, die einige ganz selbstverständlich benutzen, deren genaue Bedeutung allerdings nicht jede*r kennt und sich auch nicht unbedingt zu fragen traut… Den Auftakt nach einer programmatischen Eröffnungsrede des Organisationsteams (die bald hier nachzulesen ist), bestehend aus der Frauenbeauftragten der HfS Berlin Vanessa Wozny, der künstlerisch-wissenschaftlichen Mitarbeiterin der UdK Anna Bergel, die das Symposium 2015/16 mit initiierte hatte und seitdem wesentlich mitträgt, und Anna Volkland, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiterin der Fakultät Darstellende Kunst der UdK (und ebenfalls von Anfang an dabei), machte also ein gemeinsames einstündiges Quiz von und mit drei Vertreter*innen des Kollektivs feminist pursuits.

Während das Format ursprünglich als entspanntes Frühstücksquiz mit verschiedenen Kleingruppentischen angedacht gewesen war (eine Idee, die sich in postpandemischen Zeiten zum Ausprobieren empfiehlt!), hatten feminist pursiuts schließlich eine klassischere Spielvariante mit bunten Kärtchen für mögliche, oft humorvolle Antwortoptionen auf ihre Fragen im Feld von Sexismus-Kritik und Antidiskriminierung vorbereitet, etwa: „Was ist Mansplaining (vom engl. man = Mann und explain = erklären)?“ oder „Was wird unter dem weißen Blick (‚white gaze’) verstanden?“.
Es zeigte sich erfreulicherweise, dass auch unter den doch bereits sehr aufgeklärten und informierten Menschen, die sich an einem grauen Januarmorgen zur Verbesserung der eigenen Kenntnisse zusammengefunden hatten, noch Wissenslücken und Austauschbedarf bestanden. (Wie diejenigen erreicht werden könnten, die weniger selbstverständlich die Unterschiede zwischen „LSBTIAQ+“ und „FLINTAQ+“ erklären konnten, bleibt vorerst eine wichtige offene Frage.) So wussten die Wenigsten, wie die Selbstbezeichnung Sinti*ze und Rom*nja richtig zu gendern ist (eben so), vor allem aber diskutierten wir, ob die Bezeichnung „cis-männlich“ als Beleidigung gemeint sein könnte, da sie häufig mit dem Verweis auf negative Eigenschaften und Verhaltensweisen „des Mannes“ verwendet zu werden scheint… Festgehalten werden kann, dass der Verweis auf das „Cis-Geschlecht“ schlichtweg bedeutet, dass die Person sich dem zugeschriebenen Geschlecht auch zugehörig fühlt und es weder die Absicht queerfeministischer Anliegen sein kann, Menschen zu kritisieren, die mit ihrer Geschlechtsidentität erst einmal individuell kein Problem haben (mit gesellschaftlichen Geschlechterrollen und -verhältnissen aber möglicherweise durchaus), noch „den Mann“ an sich (das wäre sexistisch)… Natürlich gibt es hierzu mehr zu sagen und zu diskutieren (auf Demos zum Internationalen Frauentag etwa kann es vorkommen, dass Cis-Männer explizit ausgeschlossen werden, Begründung siehe hier). Aber unsere Diskussionszeit war notwendigerweise begrenzt, da wir ein spielerisch zu erkundendes „Glossar“ nützlicherweise an den Anfang der Veranstaltung stellen wollten, nicht an ihr Ende…
„Warum das Theatertreffen eine Frauenquote brauchte und das Ende der Ungeduld“

Wir wechselten den bereits mit immer mehr Teilnehmer*innen schon gut gefüllten Raum, um mit der Keynote von Yvonne Büdenhölzer, künstlerische Leiterin des Theatertreffens seit 2012 (und – wie kurz nach dem Symposium bekannt wurde – nur noch bis Ende 2022), den Podiumsteil des Tages zu beginnen. Yvonne Büdenhölzer war bereits 2020 unser Gast gewesen, um zu erläutern, aus welchen Gründen sie 2019 die Einführung einer Quote von 50% für Regisseurinnen bzw. Theatermacherinnen innerhalb der 10er-Auswahl der „bemerkenswertesten Inszenierungen“ einer Spielzeit als unumgänglich erachtet hatte (sie erinnerte auch noch einmal: eine informelle „Männerquote“ gibt es bereits seit Jahrhunderten, das künstlerische und sonstige „Genie“ ist demnach allein im Manne verortet). Ebenfalls bemerkenswert waren damals die Widerstände angesichts einer Maßnahme, die endlich die seit 1964 bestehende gravierende Ungleichheit in der Aufmerksamkeit für und Einschätzung von Regiearbeiten von Frauen im Rahmen der „Leistungsschau“ des deutschsprachigen Theaterschaffens korrigieren sollte: Angesichts der Auswahl einer eben so großen Anzahl an Inszenierungen von Männern als auch von Frauen war von besorgten Kritikern das Ende der Kunst herbeiphantasiert worden… Wir hatten wissen wollen, was seitdem tatsächlich passiert war – und bekamen eine kurze, mit vielen wertvollen Hinweisen versehene Lecture, die ehrlich und dennoch ermutigend erklärte, wie strategisch vorzugehen sei, wenn man bzw. mensch mit konkreten Maßnahmen endlich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Theatersystem dieses Landes sorgen wolle. Auch wenn sich nur eine kleine Anzahl von Frauen* in einer solchen gestalterischen Machtposition befindet, um, wie Yvonne Büdenhölzer es nannte, „die Machtfrage zu stellen“ und die Regeln des Spiels zu verändern, ist ihr Erfahrungswissen angesichts der Quoteneinführung sicher für viele Momente des kritischen Engagements hilfreich: So gab sie den Hinweis, sich früh Verbündete und Fürsprecher*innen zu suchen und mit großen Widerständen und auch öffentlichen verbalen Attacken zu rechnen, also von vorneherein nicht davon auszugehen, dass gute Ideen auch von allen als solche wahrgenommen würden. Sie empfahl außerdem, die eigene Forderung nicht als Maximalforderung zu veröffentlichen, sondern sie strategisch zu begrenzen, um leichter Akzeptanz zu finden. So entschied sich Yvonne Büdenhölzer damals, die Frauenquote zunächst als eine Art Experiment für die folgenden zwei Ausgaben des Theatertreffens zu bezeichnen – während ihr selbst klar gewesen sei, dass es auch zukünftig keine Korrektur dieser Quote geben sollte. Tatsächlich war die in den letzten beiden (Pandemie-)Ausgaben leicht zu erfüllen gewesen und auch 2022 (hoffentlich post-pandemisch) werden im Mai jeweils fünf Theaterarbeiten von Frauen und Männern zu sehen sein – it’s finally no big deal, scheint es.
Fraglos ist aber auch für Yvonne Büdenhölzer, dass es neben der Geschlechter(un)gerechtigkeit noch genügend strukturelle Probleme des Theaterschaffens gibt, die heute gelöst werden müssten: vom Diskriminierungsabbau über einen besseren Umgang mit lokalen wie globalen Ressourcen bis hin zum Erreichen von Familienfreundlichkeit. Diesen und weiteren Fragen widmeten sich bereits verschiedene (übrigens sehr häufig von Frauen* vorangetriebene) Initiativen – und während Yvonne Büdenhölzer auf die 360°-Diversitätsagent*innen, Burning Issues (im Mai 2022 wieder in Berlin) oder Diversity Arts Culture verwies, bereiteten sich bereits die Vertreter*innen von vier weiteren Initiativen auf das nun direkt anschließende Gespräch vor, in dem der Sinn von Quoten als (einer möglichen) Maßnahme zur Abschaffung von Unterrepräsentanz (nicht nur von Frauen) bewusst nicht mehr diskutiert werden sollte:
„Vier Initiativen für bessere Arbeitsbedingungen für Frauen, Mütter und alle im Theater stellen sich vor und diskutieren gemeinsame sowie unterschiedliche Anliegen und Strategien“

Das fast zweistündige, von Vanessa Wozny moderierte Gespräch versammelte also (neue) Vertreterinnen des ensemble-netzwerks: die Schauspielerin Ruth Bohsung, von PRO QUOTE BÜHNE: die Regisseurin und Autorin Helena Kontoudakis, der erst 2020 gegründeten Inititative BühnenMütter: die beiden Opernsängerinnen Annika Mendrala und Verena Usemann, und des ebenfalls neuen Berliner Modellprojekts FAIRSTAGE: die Schauspielerin Lisan Lantin – und damit natürlich nur eine kleine Auswahl aktueller Initiativen, die zu einer der Fragen dieses Panels führten: Wie viele verschiedene Initiativen und Gruppen braucht es, um die emanzipatorischen Anliegen aller (also nicht allein weißer Frauen der Mittelschicht usw.) in den Blick zu bekommen? Und wo ist es notwendig, sich darauf verlassen zu können, dass auch das Mitdenken und -sprechen für Andere (ohne selbst von einer bestimmten Diskriminierungsform wie etwa Rassismus betroffen zu sein) möglich ist?
Zuerst aber stellte jede Vertreterin kurz Entwicklungsgeschichte und Anliegen sowie die bereits erreichten und zukünftig zu erreichenden Ziele „ihrer“ Gruppe vor, die hier nur ausschnitthaft wiedergegeben werden können (Links und mehr Informationen hier):
So ist das 2015 gegründete ensemble-netzwerk die sicher bekannteste selbstorganisierte Theaterschaffenden-Initiative, die inzwischen auf über 1000 Mitglieder und sechs Geschwisternetzwerke angewachsen ist – somit also schon selbst die Frage nach der notwendigen Diversifizierung und Arbeitsteilung stellt: es gibt neben dem regie- und dramaturgienetzwerk, auch das junge ensemble-netzwerk (vor allem für Schauspielstudierende), das für Assistierende und Theaterautor*innen, aber auch das vermittlungs-netzwerk sowie das bipoc-netzwerk. Das Engagement für Geschlechtergerechtigkeit geht hier nicht unbedingt mit Quotenforderungen einher, allerdings führen die Bestrebungen zur Abschaffung von Machtmissbrauch im Theater gezwungenermaßen auch zur Beschäftigung mit dem gravierenden Genderpay-Gap sowie der lange Zeit als „part of the game“ angesehenen sexualisierten Gewalt innerhalb der eigenen Berufsbranche.
Es ist richtig, dass von sexuellen Übergriffen vor allem abhängig beschäftigte Frauen* betroffen sind, während es sich überwiegend um männliche Täter in Leitungspositionen handelt (Thomas Schmidt veröffentlichte entsprechende Ergebnisse einer Studie 2019). Es ist aber sicher auch richtig, sich hier vor allem die strukturellen Machtdifferenzen anzuschauen, die es einer Theaterleitung oder einer erfolg-, ergo einflussreichen Regiefigur gleich welchen Geschlechts legal ermöglichen, die von ihnen beruflich abhängigen Kolleg*innen in vielerlei Hinsicht zu beschädigen – in den allermeisten Fällen (und mit langer Tradition) ohne, dass sie dafür arbeitsrechtlich belangt würden. (Das heißt, es ist natürlich auch möglich, dass Machtmissbrauch von Frauen in Leitungsposition ausgeübt wird, sowie generell gegenüber Arbeitnehmer*innen jeden Geschlechts.)
Ruth Bohsung wies in ihrer Kurzvorstellung aktueller Projekte des ensemble-netzwerks u.a. auf den neuen Wissenskanal des ensemble-netzwerks hin, der inzwischen Ende Februar online gegangen ist – ein erstes Video beschäftigt sich in einem ersten Teil eben mit der Frage, was gegen Machtmissbrauch zu tun ist bzw. zuerst, wie er überhaupt als solcher erkannt werden kann. (Der Wissenskanal wurde angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine vorerst pausiert, Erklärung des e-n hier. // Aktualisierung: Inzwischen läuft der Kanal weiter, u.a. mit einem Video zum Thema „Kinder und Theater – Wie soll das gehen ?“)
Während das ensemble-netzwerk sich für bessere Arbeitsbedingungen für alle v.a. künstlerisch am Theater Beschäftigten einsetzt, hat sich der viel kleinere Verein PRO QUOTE BÜHNE 2017 vor allem mit dem Ziel gegründet, der auf Sexismus, Vorurteilen und struktureller Benachteiligung begründeten massiven Unterrepräsentanz von Regisseurinnen entgegenzutreten, die tatsächlich in oft größerer Zahl als Männer die Regiesschulen mit hervorragenden Abschlüssen verlassen, sich aber sehr viel seltener auf großen Bühnen wiederfinden oder überhaupt ausreichend engagiert und bezahlt werden.
Die Ende 2019 neu in den Vorstand gewählte Helena Kontoudakis erklärte nun, dass auch eine „50-50-Quote“ für Frauen und Männer bzw. Regisseurinnen und Regisseure nicht geschlechtergerecht sei – es gibt mehr als die in offiziellen Statistiken erfassten zwei Geschlechter! Solche Fragen neu zu diskutieren, sei herausfordernd, aber wichtig. Zudem brauche es staatlich finanzierte Studien, die neue Zahlen liefern könnten, um überprüfbar zu machen, inwieweit sich die durch die 2016 veröffentlichte Studie des Deutschen Kulturrats „Frauen in Kultur und Medien“ als absolut inakzeptabel erwiesene Lage für Frauen und sicher auch Frauen* (nicht nur) im Theaterbereich inzwischen verändert, hoffentlich verbessert habe.
Seit Oktober 2021 veranstaltet der Verein zudem eine Gesprächsreihe im Roten Salon der Volksbühne: B:COME VISIBLE (hier gibt es Videoaufzeichnungen der letzten Veranstaltungen) – aber wer, fragte Helena Kontoudakis, „hat überhaupt Zeit“, um hier öffentlich über Machtfragen zu sprechen, „aus einer eigenen Machtposition heraus“? – Es zeigen sich hier vielleicht die Grenzen der Veränderbarkeit eines Systems, wenn es nur in Hinblick auf das Vorkommen oder Nichtvorkommen von Frauen* kritisiert werden sollte, ohne die für alle gleichermaßen geltenden Erfolgsfaktoren (wie übergroßes Selbstbewusstsein, 200% Leistungsbereitschaft etc.) zum Aufbau dessen, was auch im Theaterfeld als erfolgreiche Karriere gilt, grundsätzlich zu befragen.
‚Sorgearbeit und Theater’ als Schwerpunkt des Initiativen-Gesprächs
Ein solcher glasklar entlarvender Blick aufs System gelang den beiden Gründerinnen der jungen, erst 2021 (!) gegründeten Inititiative BühnenMütter: Annika Mendrala und Verena Usemann, die als einige Jahre durchaus erfolgreich „im System funktionierende“ Opernsängerinnen durch ihre (mehrfache) Mutterschaft mit Diskriminierungen, sexistischen und mütterfeindlichen Vorurteilen sowie vollkommen familienunfreundlichen Arbeitsbedingungen konfrontiert worden waren und beschlossen hatten, dies nicht mehr länger als individuelles Problem hinzunehmen, sondern sich mit anderen Müttern im Theaterfeld zu verbinden (zunächst in einer geschlossenen FB-Gruppe), um schließlich gemeinsam öffentlich aufzuklären und Forderungen zu stellen.
Sie wollen die alte Feststellung, Künstlerinnensein/Theaterarbeit und eine eigene Familie ließen sich schlecht bis gar nicht vereinbaren, nicht länger als unumstößliche Wahrheit akzeptieren. Theaterleitungen, so ihre Beobachtung, versuchten, das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben bzw. Sorgearbeit zu privatisieren, während paradoxerweise gleichzeitig der Status ‚Mutter’ keineswegs als privat gelte, sondern als „künstlerisches Handicap“ eingestuft werde, Gesangs- und Darstellungsfähigkeiten der Frau, ja ihre Arbeits- und Leistungsfähigkeit überhaupt gelten nun plötzlich als eingeschränkt, unzuverlässig, manchmal sogar grundsätzlich mangelhaft. Dass eine Schwangerschaft ein „Fehler“ sei, der eine Laufbahn im künstlerischen bzw. Theaterfeld bereits im Keim ersticken oder aber nachhaltig beschädigen könne, wird Studentinnen bereits in der Ausbildung vermittelt – als Ideal gilt auch hier die 100% Verfügbarkeit, die keine Ermüdung duldet und falls doch, dann ausschließlich aufgrund künstlerischer Verausgabung, nicht etwa wegen paralleler Belastung durch reproduktive Arbeit.
Frauen bzw. vor allem Darstellerinnen trifft dabei nicht nur der Vorwurf, nicht mehr in ausreichendem Maße arbeitszeitlich flexibel zu sein, sondern auch das Problem sexistischer Altersdiskriminierung. Das Ideal stellt immer noch die junge, sexuell verfügbare Darstellerin dar, die wenigstens in der Phantasie noch so manchen (in der Regel jedenfalls männlichen) Regisseurs ungebunden und „zu erobern“ bzw. schlicht „fuckable“ zu sein habe. Eine Frau ab 40 habe bereits unabhängig ihres Familienstatus’ wesentlich geringere Chancen auf gute Rollenangebote, sie gelte für eine Karriere als „zu alt“. Was sich umso nachteiliger auswirkt, wenn sie nach einer Zeit tatsächlicher Einschränkungen durch Schwangerschaft und Babypause sowie kleine Kinder, die eben bewusst nicht permament „wegorganisiert“ werden sollen, wieder verstärkt in den Beruf einsteigen möchte. Es scheint „zu spät“, sobald sich dem männlichen Blick erste zarte Risse in der Fassade ewig unschuldiger oder „aufreizender“ Jugendlichkeit offenbaren.
Fantasie-Mütter und sexistische Altersdiskriminierung
Wichtig hierzu war auch der aus dem Publikum kommende Hinweis der Schauspielerin Anne Schäfer (die am Sonntag den Workshop „Umgang mit intimen Szenen“ gab), dass im Fernseh- und Serienbereich beruflich erfolgreiche Mutterfiguren mit Teenagerkindern üblicherweise mit attraktiven Schauspielerinnen um die 30 besetzt würden – diese Frauen müssten demnach selbst als Teenager schwanger geworden, um dann mit Anfang 20 voll ins Berufsleben eingestiegen zu sein… oder aber die gut zwanzig Jahre, die sie realistischerweise älter sein müssten, darf man diesen Powerfrauen schlicht nicht ansehen. Bei Männern werde dieser – ähm, Alterstrick übrigens nicht angewandt, so Schäfer, 50-jährige Schauspieler dürften durchaus 50-jährige Familienväter spielen. In dieser scheinbar freien Welt können Frauen allein durch das Vergehen von Zeit offensichtlich nur verlieren und sollten also tunlichst dafür sorgen, für Jahrzehnte wie Mitte Zwanzigjährige zu erscheinen (das kostet übrigens Geld, viel Mühe, ist ein beständiger Quell des Selbstzweifels und zum Scheitern verurteilt), während Männern mit dem Älterwerden quasi automatisch wachsende Reife, Kompetenzen, Entscheidungsspielräume und Gehälter zugestanden werden… Wie die BühnenMütter deutlich machten, bildet die Theaterwelt auch hier keine Ausnahme, im Gegenteil.
Die beiden Sängerinnen fordern das Ende des schamhaften, mit Schuldgefühlen auf Seiten der Frauen verbundenen Versteckspiels und der Tabuisierung der Eltern- bzw. Mutterschaft im Theaterfeld. Immerhin gehörten die künstlerischen (staatlich finanzierten) Ausbildungen zu den teuersten – wie könne man es sich da leisten, so viele Frauen nach nur wenigen Jahren im Beruf wieder zu verlieren? Als „Alternative“ wird die erzwungene („freiwillige“) Kinderlosigkeit in Aussicht gestellt – was, wie man hinzufügen könnte, bedeutet, dass zu den Gründen legaler Abtreibungen neben Vergewaltigungen und gesundheitlichem Risiko auch die „Arbeit im Theater“ gezählt werden müsste. Übrigens geht es natürlich an dieser Stelle nicht darum, heterosexuelle Familienmodelle und (biologische) Mutterschaft zu propagieren. Aber es müssen alle im Theaterfeld Arbeitenden, auch Cis-Frauen – und sogar Cis-Männer, die Väter werden wollen und ebenfalls nicht mehr 100% zur Verfügung stehen könnten – die Wahl haben dürfen, Kinder zu bekommen (oder nicht).
Die BühnenMütter haben verschiedene Vorschläge, wie die Situation verbessert werden könnte: Wie wäre es etwa mit der Einführung einer „Mütterquote“, die jedes Theater, das als diskriminierungssensibel, also auch als familienfreundlich anerkannt werden will, verpflichtet, entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen, die letztlich allen Mitarbeiter*innen zu Gute kommen würden? Solange es üblich sei, dass etwa die Probenpläne für den kommenden Tag täglich bis 14 Uhr festgelegt werden dürfen, bleibt der Freiraum für ein Leben jenseits der Theaterarbeit marginal, oft existiert er gar nicht (und dies betrifft, um es noch einmal deutlich zu sagen, nicht nur die Frage eines Lebens mit Kindern). Auch die geringen Gehälter am Theater sind für die allermeisten ein Problem – für diejenigen, die auf zu bezahlende Babysitter (etwa für Abendproben und Vorstellungen) angewiesen sind, in existentiellem Ausmaß.
Elternschaft ist bisher noch kein Diskriminierungsfaktor, den das vom Berliner Kultursenat initiierte und finanzierte Modellprojekt FAIRSTAGE explizit im Blick hätte. FAIRSTAGE wurde in Reaktion auf diverse Machtmissbrauchsvorfälle auch an Berliner Theatern Anfang des Jahres 2021 gegründet, seitdem von Vertreter*innen des ensemble-netzwerks, des LAFT und von Diversity Arts Culture hauptverantwortlich organisiert und für uns von Lisan Lantin vorgestellt. Wie der in einem ersten Schritt entwickelte und im September 2021 veröffentlichte FAIRSTAGE-Maßnahmenkatalog „für diskriminierungsfreie und gute Arbeitsbedingungen an Berliner Theatern“ erklärt, geht es zunächst darum, gemeinsam mit diversen Expert*innen vielfältiges Wissen zu sammeln und etwa Kulturpolitiker*innen zur Verfügung zu stellen, verbunden mit konkreten Handlungsaufforderungen. Bisher standen vor allem Diskriminierung von Theaterschaffenden und teils auch bereits des Publikums oder potienteller bzw. Nicht-Besucher*innen durch Rassismus, Sexismus, Ableismus (was ist das?), Queer-, Trans- und Homofeindlichkeit sowie Klassismus im Vordergrund. Die Begriffe „Frauen“ und „Gender“ kommen dabei überraschenderweise im gesamten Katalog jeweils nur einmal vor (in Titeln des Quellenmaterials), die Begriffe „Mutter-“ bzw. „Elternschaft“, „Care Work“/“Sorgearbeit“ oder „Altersdiskriminierung“ überhaupt nicht.
Lisan Lantin wies darauf hin, dass eine intersektionale Perspektive für FAIRSTAGE sehr wichtig sei (also die Aufmerksamkeit für Mehrfachdiskriminierungen) und die BühnenMütter zwar berechtigte Forderungen hätten, sie doch aber auch an Schwarze Mütter denken sollten. Dem ist zu entgegnen, dass auch Schwarzen Müttern bisher noch nicht geholfen ist und der Hinweis auf Andere, die noch vielfältigere und tiefgreiferendere Diskriminierung oder Exklusion erfahren, zwar zum betroffenen Schweigen der im Vergleich Privilegierteren – hier der weißen Mütter – führen kann, aber immer noch nicht zur Verbesserung der Zustände für alle.
Dieses Beispiel zeigt auch, dass es Geduld und gegenseitiger Verständigung bedarf, um nicht den Fehler zu begehen, verschiedene „Betroffenengruppen“ derart different zu denken, dass keine gemeinsamen Anliegen mehr sichtbar werden. Einige der übergeordneten Probleme der Theaterarbeit bestehen für alle – jenseits der gut bezahlten und von den verantwortlichen Kulturpolitiker*innen protegierten Leitungsposition – darin, dass die hier fest oder als Gäste Arbeitenden sich in einem sehr hohen zeitlichen Umfang und oft ohne Planbarkeit von selbstverfügbarer Zeit der Institution zur Verfügung stellen müssen, dass die allermeisten hierfür verglichen mit anderen Berufen sehr wenig Geld erhalten und dass die befristeten und häufig jährlich kündbaren Arbeitsverträge samt dem Wissen um die eigene Ersetzbarkeit den Mut, sich gegen Diskriminierungen, Übergriffe, Mobbing und schlechte Arbeitsbedingungen zu wehren, stark verringern.
Die Diskussion mit allen Initiaitvenvertreterinnen, die auch das Publikum einbezog, war lebhaft und hätte noch mehr Zeit füllen können. So wurde etwa nach den ökonomischen Logiken der „wie eine neoliberale Projektbörse organisierten Theater“ gefragt, oder gefordert, Männer wesentlich stärker in die Sorgearbeit einzubeziehen. Fraglos müssen zu Letzterem auch Antworten der Institution Theater gefunden werden, die die Kinderbetreuungsfrage nicht allein dem Elternpaar oder dem privaten Umfeld überlassen, sondern ihr eigenes Zeitregime überdenken sollten. Wie Annika Mendrala erklärte, sei es etwa in skandinavischen Theatern oder auch oft bei Tanzkompagnien möglich, dass die Proben vollständig zwischen 10 und 16Uhr stattfänden – und auch wenn einige Kolleg*innen hierzulande den Untergang des professionellen Theaters befürchten, wenn die regulären Abendproben von 18 oder 19Uhr bis 22Uhr (und länger) abgeschafft würden, wäre eine Diskussion über die nicht zu übersehenden Vorteile wichtig.
„#MeToo in öffentlichen Theaterbetrieben der Gegenwart“
Nach der kurzen Mittagspause hatte sich der Raum erneut gefüllt, die dem Symposiumsraum maximal erlaubte Teilnehmer*innenzahl war erreicht worden. Angekündigt hatten wir nun ein Gespräch mit der Aktivistin und Autorin Sarah Waterfeld, das durch einen Kurzvortrag der 2020 neu auf den UdK-Lehrstuhl für Theaterpädagogik berufenen Prof. Dr. Melanie Hinz eingeleitet werden sollte. Die Thesen ihres 2014 veröffentlichten Buches Theater der Prostitution. Über Ökonomien des Begehrens um 1900 und der Gegenwart wollte Melanie Hinz mit Blick auf heutige Sexismus-im-Theater-Diskurse noch einmal überprüfen, um dann mit ihrer Gesprächspartnerin und dem Publikum zu überlegen, inwieweit die vor mehr als 100 Jahren geprägten Vorstellungsbilder von „Intendanten als Zuhältern“ und „Schauspielerinnen als Prostituierten“ heute weiter existierten und einen offensiven Kampf gegen sexualisierte Gewalt im Theaterfeld – auch bereits innerhalb der Ausbildungsinstitutionen – erschwerten.
Leider musste (auch) Melanie Hinz „Dank“ Covid-19 ihr Kommen absagen, sodass wir uns zu einem Gespräch mit Sarah Waterfeld entschlossen, die besonders als Sprecherin des antikapitalistischen, antifaschistischen, queerfeministischen Kollektivs Staub zu Glitzer und durch deren verschiedene Initiativen rund um die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin 2020 mit Mitarbeiterinnen des Theaters und dem Problem des Verschweigens sexualisierter und machtmissbräuchlicher Übergriffe in Kontakt gekommen war. Sarah Waterfeld berichtete vor allem, wie sie bis Frühjahr 2021 mehrere Theatermitarbeiterinnen dabei unterstützt hatte, sich gegen die Übergriffe des Interimsintendanten Klaus Dörr zu Wehr zu setzen (Dörr trat in Folge der öffentlich gemachten Anschuldigungen gegen ihn im März 2021 wenige Monate vor offiziellem Vertragsende zurück). Es hätte auch hier mehr Zeit benötigt, um die vielen sich ergebenden Fragen eingehender zu diskutieren.
Besonders die Rolle der Vertrauensstelle gegen sexuelle BelästigungThemis wie auch grundsätzlich deren Handlungsmöglichkeiten, Zuständigkeiten und Finanzierung interessierte das Publikum. Festgehalten werden muss, dass Themis nur wenige, vor allem (anonym) beratend und nicht etwa selbst juristisch tätige Mitarbeiter*innen besitzt, aber – anders als viele Theaterschaffende glauben – keineswegs nur für Theaterschaffende zuständig ist, sondern für die gesamte Kultur- und Medienbranche (inklusive des Musikbereichs) Deutschlands. Wenn es darum geht, sexuelle Übergriffe und patriarchale, machistische Einstellungen und Machtstrukturen innerhalb dieses nicht eben kleinen Feldes nachhaltig einzugrenzen, braucht es weiterhin einen langen Atem vieler verbündeter Akteur*innen und weit mehr als eine kleine Beratungsstelle, die an zwei Tagen der Woche vier Stunden, an einem weiteren Tag zwei Stunden lang telefonisch erreichbar ist.

Alle nun folgenden Gespräche des Tages erteilten den künstlerisch im Theaterfeld arbeitenden Frauen das Wort, um nicht nur strukturellen Ohnmachtserfahrungen, sondern auch erfolgreich erprobten Beispielen für Arbeitsweisen und kraftvollen künstlerischen Aussagen Raum zu geben.
„High Heels oder lieber gleich nackt? – Die Rolle des Kostüms für die (Re-)Präsentation von ‚Weiblichkeit’“
Obwohl wir im Rahmen des Symposiums in den letzten Jahren immer wieder auch über das präsentierte Aussehen der Darstellerinen auf der Bühne und hier besonders über den Einfluss des jeweiligen Kostüms debattiert hatten, waren bisher nie die Kostümbildnerinnen selbst zu Wort gekommen. Dass wir dies mit wunderbaren, sehr gut vorbereiten Gästen endlich ändern konnten, freute uns sehr: Die Kostüm- und Bühnenbildnerin Teresa Monfared, die auch im Bund der Szenografen (sic, noch ohne *) engagiert ist sowie in der Chancengleichheits-Intitiative kunst+kind berlin, moderierte den Austausch mit Lena Katzer, die aktuell als Teil der (ersten rein weiblichen) Regieklasse „hfs ultras“ an der HfS Berlin studiert, zuvor eine Ausbildung zur Herrenschneiderin gemacht hat und in ihren Inszenierungen stark vom Kostüm her denkt, und der preisgekrönten Kostüm- und Bühnenbildnerin Aleksandra Pavlović, die Kostüme schafft, die – wie es in einer Kritik hieß – „die Grenzen zwischen männlich und weiblich durchlässig machen“ und die fast ausschließlich mit Regisseurinnen arbeitet.

„Geisterspiele: Denn eins steht fest. Ein Eichbaum“ (NTM 2021)
Im Gespräch wurden Bild- und Videobeispiele ausgewählter Inszenierungen gezeigt, die deutlich machten, wie groß der Spielraum einer antinaturalistischen Darstellung von Theaterfiguren sein kann, die sich nicht in androgyne Abstraktionen flüchten, sondern Klischees und Symbole bestimmter Geschlechts- und sonstiger „Merkmale“ besonders herausstellen und neu kombinieren, somit fragwürdig werden lassen und in ihrer Kritik an bestimmten Normalitätsidealen durchaus humorvoll sein können.
Natürlich ist auch der Spielraum von Kostümbildner*innen – die im Übrigen trotz nicht weniger aufwendiger und anspruchsvoller Arbeit immer noch wesentlich weniger verdienen als Bühnenbildner*innen (nämlich 26%, siehe Umfrageergebnisse unter „Reformpaket BdS“) – abhängig von den Vorstellungen der Regie, die in der Regel „ihre“ Kostüm- und Bühnenbildner*innen an ein Theater (als Gast) „mitbringt“. Auf der anderen Seite besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerken des Theaters, den Gewandmeister*innen, Schneider*innen, Fundusverwalter*innen etc. – hier ist das Spannungsverhältnis zwischen künstlerischer Vision und handwerklicher sowie finanzieller Machbarkeit (innerhalb oft begrenzter Zeit) auszuhandeln, durchaus aber mitunter auch (geschlechterpolitische) Überzeugungsarbeit zu leisten. Lena Katzer berichtete, dass die Ausbildungen für Damen- und Herrenschneiderei immer noch getrennt erfolgen und hier der Umgang mit verschiedenen Stoffen (etwa stabiler Tweet und Cord für die Männer, feinere Stoffe wie Tüll für die Frauen) und Schnitten (z.B. entweder Anzüge oder Kleider) erlernt wird. Entsprechend binär geschlechterspezifisch sind nach wie vor die meisten Kostümfundusse der Theater sortiert, die hier zuständigen Kolleg*innen, so die Beobachtung, zeigten sich von Unisex-Kostümen oftmals noch überfordert und wüssten diese nicht einzuordnen. Sollte denn nicht, so wurde aus dem Publikum gefragt, gerade im Theater die Loslösung der kategorischen Trennung von Herren- und Damenkostümen als normal gelten und für alle Kostüme fraglos sein, dass sie in einen inklusiven (kein spezifisches Genre meinenden) Fantasy-Fundus gehörten?
Auch dieses Gespräch sollte an anderer Stelle fortgesetzt werden.
„’Besiegt, verraten und verkauft’ – Was machen die Frauen in der Oper?“
Vertreter*innen aus dem Bereich Musiktheater, für den an der UdK Berlin etwa Opernsänger*innen und Musicaldarsteller*innen ausgebildet werden, waren bisher im Rahmen der Symposien (ebenfalls) noch nicht explizit zu Wort gekommen. Gerade das klassische Opernrepertoire und mit ihm der ganze immer noch von männlichen Protagonisten (Komponisten, Dirigenten, Regisseuren…) dominierte Apparat Oper stehen nach wie vor im Ruf, Frauen ausschließlich als schöne, leidende, gern sterbende Projektionsflächen mit belastbaren Stimmbändern zu dulden (siehe etwa diesen Kommentar oder auch das Standardwerk hierzu von Catherine Clement: Die Frau in der Oper – besiegt, verraten und verkauft). Nachdem die Erfahrungen der BühnenMütter-Gründerinnen zumindest erahnen ließen, dass hinsichtlich des Sängerinnenbildes und -selbstverständnisses die große Welle der Emanzipation gerade erst bevorsteht, sind spätestens seit der in Ost- wie Westdeutschland berühmten Ruth Berghaus Frauen als Opernregisseurinnen nicht mehr die ganz große Ausnahme; durch entsprechende Studiengänge oftmals mit Auszeichnung ausgebildet werden sie sogar seit einigen Jahren häufiger als ihre männlichen Kollegen. Was aber suchen und finden sie in diesem Betrieb, der nach wie vor vor allem frauenfeindliche Repertoirestücke aus dem 19. Jahrhundert zu reproduzieren scheint? Das Gespräch mit den beiden Musiktheaterregisseurinnen Franziska Kronfoth (Mitglied des Musiktheaterkollektivs Hauen&Stechen) und Corinna von Rad (Professorin an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin) moderierte Anna Bergel. Darin zeigte sich, dass die zu verschiedenen Zeiten ausgebildeten Regisseurinnen in ihren ästhetischen Vorstellungen zwar durchaus unterschiedlich sein mochten, beide aber keinesfalls den Eindruck hatten, im Korsett eines Frauen diskriminierenden Systems festzustecken. Vielmehr sahen sie – abgesehen davon, dass durchaus auch in der Opernwelt Hierarchien, Sexismus und die eigene rassistische, koloniale Geschichte inzwischen kritisch hinterfragt würden, besonders durch die jüngere Generation – gerade in der Konfrontation mit dem alten Repertoire, den alten Narrativen und Stereotypen, die sich in den Libretti versteckten bzw. offenbarten, große Frei- und Gestaltungsspielräume, Möglichkeiten, „etwas über Heute erzählen“ zu können. Anschaulich machte dies Franziska Kronforth in einem kleinen kulturhistorischen Exkurs zum Ende des 19. Jahrhunderts, in dem sich gesamtgesellschaftlich in Europa die Lebensbedingungen und Vorstellungswelten in teils radikaler Veränderung befunden hätten, sodass die sich bisher fest in einer patriarchalen Weltordnung als Herren und Herrscher verstehenden Männer in ihrer Identität grundlegend verunsichert gefühlt hätten… Gleichzeitig entstand, so Kronforth, eine Reihe neuer Werke auch des Opernrepertoires, in denen die männlichen Librettisten sich die ihnen immer rätselhafter erschienen Frauenfiguren als „weißes Blatt“ vorstellten, dass sie mit Ideen dessen füllten, wie „der neue Mensch“ auszusehen habe. Dieses Neudenken könne also als geschlechterunabhängig verstanden werden bzw. offenbarten Frauenrollen offensichtlich größere neue Handlungsspielräume. Auch Corinna von Rad verteidigte besonders die Frauenfiguren Mozarts als durchaus stark und dominierend.

Eine weitere wichtige Frage schien daneben die nach den Arbeitsbedingungen, die nach wie vor Regisseur*innen als in Konkurrenz zu den Kolleg*innen stehende Einzelkämpfer*innen begreift, die sich mit ihrer künstlerischen Vision innerhalb eines großen Apparats widerständig durchsetzen müssten. Franziska Kronforth ging als diplomierte Musiktheaterregisseurin dennoch bewusst einen anderen Weg und arbeitet seit 2012 „künstlerisch und strategisch“ im Kollektiv Hauen&Stechen mit der Musiktheaterregisseurin Julia Lwowski zusammen. „Ich habe keine Lust, in meinem eigenen Saft zu schwimmen, ich liebe ‚Fremdheit’, den Austausch, das Kaleidoskop der verschiedenen Ideen“, sagte sie über die schon in der Konzeptionsphase für eine neue Produktion beginnende Zusammenarbeit mit den verschiedenen Mitgliedern des Kollektivs. Dabei hätten die Einzelnen durchaus verschiedene Aufgabenbereiche wie Regie, Bühne, Kostüm, Musik, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, Video usw., wichtig sei ihnen aber, dass es keine Hierarchien (auch nicht in der Bezahlung), sondern verschiedene Perspektiven auf den jeweiligen Stoff geben solle – was nur durch Vertrautheit und Diskussionen auf Augenhöhe funktionieren kann. Dieses Prinzip der „inszenatorischen Mehrsprachigkeit“ werde inzwischen auch von den Theatern anerkannt, trotz hoher Anforderungen an die Gewerke. – Auch Corinna von Rad wies daraufhin, dass besonders die kleineren und mittleren Opernhäuser vermehrt Regisseurinnen für die große Bühne engagierten und sich veränderten…
Es schien völlig überraschenderweise nach diesem Gespräch so, als sei im Musiktheater tatsächlich alles machbar, was hartnäckig phantasiebegabte Menschen (hier zufällig Frauen?) sich vorstellen und gemeinsam erkämpfen…
Künstler*innen-LECKture des queerfeministischen Performance-Kollektivs CHICKS*
Der späte Nachmittag begann und technische Probleme verunmöglichten die Einhaltung des eng getakteten Zeitplans, die coronabedingte Abwesenheit des bis dahin bereits schmerzlich vermissten „Junior-Teams Orga“, bestehend aus den beiden Bühnenbildstudentinnen Paula Meuthen und Madelena Wallenstein des Castro, wurde erneut als Handicap bemerkbar. Während wir uns wieder und wieder bemühen, die Installation der Performancelecture trotz kaputter Kabel und entführter Ersatzteile zur Einsatzbereitschaft zu bringen – Dank an dieser Stelle an den kurzfristig eingesprungenen André Correia! – und es vor den Fenstern längst winterdunkel geworden war, blieben die beiden Vertreter*innen des Performancekollektivs CHICKS*: Marietheres Jesse und Mara Martinez Vergara bewundernswert gelassen.

Als sie endlich anfangen können, hat sich ihre freundlich entspannte Haltung nicht verändert, sie stehen hinter zwei Mikrofonen, lecken Lollies, schmatzen ein bisschen, schlabbern auch mal etwas Brausepulver, und versprechen zuerst zu erklären, wo denn der Feminismus in CHICKS* stecke… Die Antwort: er steckt überall! Er stecke in der Art und Weise, wie das Kollektiv die eigene Arbeit organisiert und natürlich in den Absichten dieser Arbeit, die sich – auch wenn sie in künstlerischer Form daherkommt – als sexuelle Bildung aus queerer und weiblicher Perspektive versteht. Es gehe darum, „machtkritisch mit Geschlechternormen“ umzugehen – und es sollen durch die Aufführungen, Workshops und Vorträge Räume geschaffen werden, in denen alle anwesenden Personen sich sicher fühlen dürfen. Denn es geht darum, neugierig zu sein, zu entdecken, eventuell verinnerlichte Tabus ablegen zu dürfen, die eigenen Grenzen und die anderer Menschen zu realisieren… sie veranschaulichen das später noch an zwei Performancebeispielen, die auf je eigene Weise die Zuschauer*innen direkt ansprechen und einbeziehen: „Lecken“ und „Deep Dancing“ (beide 2021 entwickelt). Tatsächlich wollen Marietheres und Mara auch immer wieder von uns, dem Publikum wissen, ob es uns gut gehe, sie sind sichtbar nicht nur daran interessiert, ihr (sehr gut) vorbereitetes Programm abzuliefern. Diese Rücksicht pflegen sie auch im eigenen Kollektiv, in dem alle Positionen mit FLINTA-Personen besetzt sind und das Geld immer fair (und transparent) verteilt werden soll, sich gegenseitig an Pausen und Urlaub erinnert, beruflich und privat füreinander Sorge getragen wird. Das mag erst einmal überfordernd erscheinen, meint aber im Gegenteil das Einüben einer solidarischen Praxis. Am Beispiel der One-to-One-Performance „Deep Dancing“, in der jeweils ein*e Performer*in einer zuschauenden Person gegenübersteht und mit ihr in einen durchaus intimen Dialog tritt, erklären CHICKS* das ihnen wichtige „Prinzip Konsens“, das auch durch die Aufführung eingeübt wird: so kann jede*r – ob Publikum oder Performer*in – jederzeit um eine Pause bitten oder sogar gehen. Es gehe darum, dem Publikum selbstbestimmte Entscheidungen zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch darum, es zu verführen, „sich mit bestimmten Perspektiven zu solidarisieren“. Mara und Marietherese schafften es auf jeden Fall, große Neugierde auf weitere Begegnungen mit CHICKS* zu wecken – wofür einmal mehr das Ende der Pandemie herbeigesehnt wurde!

„Strategies of Resistance in Dance and Performance – Anleitung eine Bombe zu bauen“
Dank Pandemie mussten wir auch auf die anschließend geplante und notgedrungen sehr kurzfristig abgesagte Artist Lecture der Choreographin, Performerin und Gastgeberin/Kuratorin Claire Vivianne Sobottke verzichten. Da Claire vor allem in internationalen Kontexten in und außerhalb Deutschlands arbeitet und normalerweise auf Englisch kommuniziert, wünschte sie sich auch einen englischen Titel ihrer Lecture, die unsere Körper und Stimmen, sogar (durch Masken gedämpften) gemeinsamen Gesang hätte einbeziehen sollen: „RECLAIMING THE BODY AS SELF DEFINED TERRITORY: PLEASURE, EROTICISMS AND EXORCISM AS STRATEGIES OF RESISTANCE IN DANCE AND PERFORMANCE“. (Der Versuch einer Übersetzung: „Den Körper als selbstdefiniertes Gebiet zurückerobern: Lust/Vergnügen, Formen der Erotik und Exorzismus als Strategien des Widerstands in Tanz und Performance“.)

Zum Abschluss des Tages hatte Claire Vivianne Sobottke, die übrigens an der UdK Berlin Schauspiel studiert und sich sehr auf die Widerbegegnung mit dem alten, schon lange hinter sich gelassenen Ausbildungsort gefreut hatte, schließlich gemeinsam mit der Schauspielerin Mateja Meded über feministische Kämpfe, Solidarität und Autorinnenschaft als – trotz wechselnder oder auch wiederkehrender Kollaborationen solo-selbstständiger – Performerin sprechen wollen.
Mateja Meded, die nicht nur ausgebildete Schauspielerin ist, sondern auch für verschiedene Zeitungen machtkritische Essays schreibt und sich als feministische und antirassistische Aktivistin engagiert, hatte ihre eigenen Widerstandsstrategien als fiktional-dokumentarischer „Theatermonolog“ getarnt, aus dem sie nun erstmals Auszüge mit uns teilte: „Anleitung eine Bombe zu bauen, oder poc-Fotzenschleimpower gegen Raubtierkapitalismus“.
Mit baumelnden Beinen auf einem Tisch sitzend, Mikrofon und Textblätter in den Händen, stellte sie zuerst überzeugend klar, dass es sich im Folgenden nicht um ein Theaterstück handeln würde, eher um eine Gruppenerfahrung… um eine Anleitung, eine Bombe zu bauen eben. Anspielungsreich und sprachgewandt ging es dabei – aus „Alien-Perspektive“ – um Aliens (diejenigen, die für „Fremde“ gehalten werden), „Ei-Dinger“ (die nicht nur Hoden im Allgemeinen meinten) und den deutschen Theaterbetrieb, um Narzissmus, Exhibitionismus, Mitleid, Traumata und die Unmöglichkeit von Mitleid, um Sex sicherlich auch und in jedem Fall um den Mut, sich zu äußern, auch wenn „besonders Aliens am Impostor-Syndrom leiden“ (das „Hochstapler*innen-Syndrom“ betrifft häufig Frauen, Post-/Migrant*innen, Bildungsaufsteiger*innen).
Es hätte ein langes Gespräch über dieses halbstündige Beispiel des vielschichtigen, Dank #TakeCare im Lockdown 2021 entstandenen Monologs folgen können, am Ende interessierte uns zu fortgeschrittener Stunde vor allem, wo bald die Premiere dieser auf belebende Art verstörenden Arbeit zu erleben sein würde…? Es gebe noch keinen fixierten Premierenort und –termin, aber Mateja Meded berichtete noch so kritisch wie unterhaltsam über ihren Werdegang und ihre bisherigen, durchaus unschönen Erfahrungen mit dem deutschen Theaterbetrieb, den sie von innen heraus mit dessen eigenen Mitteln zu kritisieren beabsichtigte. Offen blieb die Frage, inwieweit das gelingen kann – schließlich präsentieren Kunst-, Kultur- und Theaterinstitutionen durchaus gerne besonders eigenwillige künstlerische Beiträgen zur Institutionskritik im eigenen Programm, beweisen sie damit doch ihre demokratisch-liberal gesinnte Kritik- und Wandlungsfähigkeit. Probiert werden muss es mit Sicherheit dennoch, und das große Interesse an Matejas Text nach immerhin fast 10-stündigem Symposiumsprogramm (mit FFP2-Maske) bewies, dass sie als selbstermächtigt schreibende Schauspielerin unbedingt ihre Bühnen bekommen sollte.

Abschluss, Ausblick und die Workshops am Sonntag
Der Samstag endete mit einer schlichten Verabschiedung – der gesellige, informelle Ausklang mit Brot und Wein war in diesem Jahr aus den bekannten Gründen nicht möglich. Aber auch wenn es fraglos eine ganz eigene Belastung bedeutet hatte, unter Pandemiebedingungen mit den verschiedenen damit verbundenen Einschränkungen und Herausforderungen als kleines Team eine doch gar nicht so kleine Präsenzveranstaltung durchzuführen, sind wir der Meinung, dass sich die Mühe gelohnt hat. Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten und wurden trotz einer notwendigerweise beschränkteren Teilnehmer*innenzahl (und entsprechend unsererseits auch reduzierter Werbung) von vielen neuen und auch einigen schon bekannten Menschen besucht, sogar von außerhalb Berlins.
Auch der Sonntag als traditioneller Workshoptag kann darüber hinaus als sehr schöne, inspirierende und ermutigende Lernerfahrung für alle beschrieben werden. In kleinerer Runde erfolgte am Morgen die Aufteilung in drei dreistündige Workshops:
Die Schauspielerin Anne Schäfer teilte ihr Wissen zur „Berufsrealität Drehen - Umgang mit intimen Szenen“ und vermittelte darin wichtige Werkzeuge, das heißt Praktiken zum Arbeitsschutz, wie etwa – um nur ein einfaches Beispiel zu nennen – die Notwendigkeit des bewussten „De-Rolings“ besonders nach intimen Szenen, also des Herausfindens aus der zuvor verkörperten Rolle und damit auch des professionellen Abgrenzens. Anne Schäfer plädierte für die Verankerung eines entsprechenden Trainings bereits innerhalb der Schauspielausbildung, die bisher vor allem lobt und fördert, wenn es den jungen Studierenden gelingt, besonders „durchlässig“ zu sein und „eigene Grenzen zu überwinden“, während es im Sinne des Vorbeugens gegen Machtmissbrauch und Überforderung ebenso notwendig sei, mit professioneller Unterstützung zu lernen, eigene Grenzen überhaupt zu definieren und zu artikulieren. Um ein Einschränken künstlerischer Möglichkeiten gehe es dabei natürlich nicht – viel eher scheint das Training inszenatorische und spielerische Möglichkeiten zu erweitern, indem es die (Selbst)Sicherheit (nicht nur) der Spieler*innen verbessert.
Die aus einer Theaterfamilie stammende Rechtsanwältin Kaya Räuker gab schon zum zweiten Mal ihren Workshop “Selbstbewusst verhandeln – Strategien für einen körperlich, emotional und mental starken Auftritt” und beeindruckte nicht nur dadurch, dass sie demonstrierte, wie souverän Professionalität und (noch ganz frische) Mutterschaft verbunden werden können. Zum Einen bot der Workshop bereichernden theoretischen Input, der etwa über die Unterschiede zwischen konflikt- und konsensorientierten Verhandlungsstilen aufklärte und half, die eigenen, oft unbewussten geschlechterspezifischen Prägungen, zuweilen auch durchaus bewusst vertretenen Werte hierzu in Verbindung zu setzen (wer etwa grundsätzlich Harmonie, Freundlichkeit und vor allem Bescheidenheit für unverzichtbar hält, wird den meisten Gagenverhandlungen kaum gelassen entgegensehen können…), zum Anderen aber eine Reihe praktischer körperlicher Übungen im Raum und in kleinen Spielsituationen sowie die Möglichkeit, das Gehörte und Erprobte immer wieder innerhalb der Gruppe zu reflektieren und sich über bisherige Erfahrungen mit Gagenverhandlungen im Theaterbereich auszutauschen, also wirklich voneinander zu lernen.
Und merke: Solidarisch mit Anderen zu sein, bedeutet, zu geringe Honorare nicht zu akzeptieren!


Der Workshop der Dramaturgin Leonie Adam war vor allem diskursiv angelegt und bot Raum zum Erkennen und Diskutieren der “Widersprüche linker Männlichkeit”. Anlass war die schon an verschiedenen Stellen (etwa hier) gemachte Beobachtung, dass nicht alle Männer, die meinen, Feminismus für eine wichtige und unterstützenswerte Angelegenheit zu halten, tatsächlich in der Lage sind, auch die eigenen früh erlernten gedanklichen Muster und Handlungsweisen, die spezifische Vorstellungen über Männer, Frauen und deren Verhältnis zueinander betreffen, selbstkritisch zu reflektieren. Die Beschäftigung mit Konzepten von Männlichkeit wird sicher auch in Zukunft ein wichtiger Teil feministischer Arbeit sein, die sich alle Geschlechter teilen sollten!
An dieser Stelle: Herzlichsten Dank an alle, die unsere Gäste waren!
Wir planen, das Symposium auch im Januar 2024 wieder stattfinden zu lassen. Dann aber mit mehr Zeit.
Jetzt wir freuen uns über alle Anregungen, Fragen und Kommentare (auch über Feedback, das wir veröffentlichen dürfen): performancesvonweiblichkeit@gmail.com
Text von Anna Volkland
